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Predigt von Pfarrer i.R. Jürgen Barth aus Wettenberg/Hessen
in der MLK Neustadt am 17. September 2023
Predigt am 17.9.2023 im Gottesdienst der Brüdergemeinde in der Martin-Luther-Kirche zu Neustadt/Pfalz
von Pfarrer i.R. Jürgen Barth aus Wettenberg/Hessen
über Hebräer 13,15f. Lasst uns nun durch Jesus Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.
Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.
Liebe Brüder und Schwestern in Christus, liebe Gemeinde!
Das ist bestimmt jedem von uns schon mal passiert. Man fragt sich: wo ist nur mein Haustür- oder Autoschlüssel? Wo habe ich mein Portemonnaie hingelegt? Wo ist denn nur meine Brille? … Das sind zum Glück meist nur Ausnahmesituationen. Schlimmer ist es, wenn das zur Normalität wird, wenn man nicht nur ausnahmsweise etwas vergisst, sondern ständig. Vor vielen Jahren erzählte mir mein Schwiegervater von einem Arbeitskollegen. Er war „vergesslich“ geworden. Wenn er in die Stadt ging, dann steckten seine Angehörigen ihm einen Zettel mit seiner Adresse in die Tasche. Den konnte er dann vorweisen, wenn er nicht mehr wusste, wie er nach Hause kommen soll. Und er ist öfters von wildfremden Menschen nach Hause gebracht worden.
„Weg vom Geist“ oder „ohne Geist“ ist die wörtliche Übersetzung des lateinische Wortes Demenz. Es gibt verschiedene Formen der Demenz – leichte Formen oder auch dann die schwere Form, die nicht – noch nicht – heilbar ist: die Alzheimer-Erkrankung. Wie schlimm ist es für die Angehörigen eines Alzheimer-Erkrankten, wenn dieser die Namen seiner nächsten Angehörigen nicht mehr kennt? Wenn der Erkrankte dann z.B. den langjährigen Ehepartner fragt: „Wer bist du denn?“ Oder: „Was willst du hier?“
Vergesslichkeit ist Teil unseres Lebens, gehört auch irgendwie dazu. Und wenn ich in den heutigen Hebräerabschnitt hineinhöre, dann stellt sich mir die Frage: gibt es womöglich auch bei glaubenden Menschen so eine fromme Form der Demenz? Wenn man nicht ausnahmsweise etwas vergisst, sondern das Vergessen ständig geschieht? Wenn man bestimmte Dinge vielleicht sogar bewusst ausblendet?
Doch hören wir zunächst auf den kurzen Predigttext – es sind nur zwei Verse – Hebräer 3, 15f.: „Lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Gutes zu tun und mit anderen zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.“
Der Text ist aus dem Schlusskapitel des Hebräerbriefes, in dem es um letzte Ermahnungen geht. Und eine dieser Ermahnungen ist ein Aufruf gegen die „Vergesslichkeit“. Vergesst nicht, Gutes zu tun! – Wenn es um uns selbst geht, dann wissen wir in der Regel, was gut für uns ist, was uns gut tut. Aber wie sieht es aus, wenn es um andere Menschen geht? Gönnen wir ihnen Gutes – oder meinen wir, nur wir selbst haben das Gute verdient, alle anderen kriegen das, was sie auch verdient haben?!
Im Text ist vom „teilen“ und von „Opfer“ die Rede. Das hören viele heute nicht mehr gerne. Müssen wir nicht schon genug teilen und Opfer bringen? Und jetzt auch noch in der Predigt, im Gottesdienst?!
Der Schreiber des Hebr hat nicht die „Opfer“ im Blick gehabt, die nötig sind, um die Finanzen des Staates, des Landes oder der Städte und Gemeinden zu sanieren. Da geht es nicht um „Opfer“, die gebracht werden, um den Zusammenbruch eines Konzerns oder einer Bank zu verhindern. Da geht es auch nicht um Opfer, die für die Sicherung des sozialen Netzes nötig sind. Er spricht von einem anderen Opfer, von einem doppelten Opfer. Er spricht:
1. vom Lobopfer des Mundes und 2.vom Tatopfer der Hände.
Dazu fällt mir das Doppelgebot der Liebe ein: Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt – und deinen Nächsten wie dich selbst. – Das Lieben geht in zwei Richtungen: nach oben und nach der Seite – zu Gott hin und dem Nächsten.
„So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.“
Am nächsten Sonntag feiern wir wieder das Erntedankfest. Es ist übrigens eines der ältesten Feste der Menschheit. Älter als das Weihnachts- und Osterfest. Schon früh haben Menschen sich das bewusst gemacht, dass sie die Ernte nicht ausschließlich ihrer harten Arbeit und sich selbst zu verdanken haben. Sie suchten eine „Adresse“ für ihren Dank. Und fanden sie bei Gott. Und ihren Dank, den brachten sie zum Ausdruck indem sie Gott lobten. Das Gotteslob war ihre Art und Weise des Dankes. Gott zu danken für die Gaben des Lebens – da muss man nicht unbedingt ein Landwirt – oder wie hier in der Pfalz - ein Winzer sein, um allen Grund dafür zu haben.
Wir leben ja in einer Welt und Gesellschaft, die sich ständig verändert. Und das erleben wir auch in unseren Gemeinden und in den Kirchen. Vieles, was einmal selbstverständlich war, ist es heute nicht mehr. Und so ist auch vielen – nicht nur den jungen Menschen – z.B. der Bezug zum Erntedankfest verloren gegangen. Heutzutage kommt die Milch aus der Flasche oder dem Tetra-Pack, die Wurst aus der Dose, der Käse aus dem Päckchen die Zwiebeln aus dem Netz und die Kartoffeln aus der Plastiktüte. Man hat so sein gesichertes Einkommen. Man ist ja nicht mehr auf den Ertrag der eigenen Gärten, Felder und Äcker angewiesen. Man muss auch in der Regel nicht ein ganzes Jahr warten, bis man weiß, ob es überhaupt etwas und wieviel und was es zu ernten gibt. – Wir wissen, was am Ersten oder dem Letzten eines jeden Monats vom Girokonto „geerntet“ – sprich: abgehoben –werden kann.
Wenn heute in unseren Gemeinden das Erntedankfest gefeiert wird, dann besteht der Erntedankschmuck aus vielerlei „Früchten“. Sie sollen auf den hinweisen, der Wachstum und Gedeihen geschenkt hat zu unserer Arbeit.
Aber nun ist ja im Text nicht von den Früchten der Äcker, Gärten und Felder die Rede, sondern von den „Früchten unserer Lippen“. Was sind das für „Früchte“?
Eltern erwarten oft von ihren Kindern, dass sie schön brav „Dankeschön!“ sagen, wenn z.B. die Oma, der Opa oder ein Pate etwas schenken. Das wird eingeübt. - Aber wem fällt es schon ein, selbst auch „Danke!“ zu sagen für das wunderbare Essen auf dem Tisch? Und zwar nicht nur der- oder demjenigen, der es zubereitet hat, sondern vor allem demjenigen, der uns die Gaben überhaupt schenkt und es ermöglicht, dass wir an einem gedeckten Tisch sitzen und satt werden. Viele Menschen auf unserer Erde haben diese Möglichkeit nicht und
müssen hungern.
Das Dankgebet zum Essen – ein Zeichen und eine Möglichkeit, unsere Dankbarkeit gegenüber Gott zum Ausdruck zu bringen. In vielen Familien wird es heutzutage nicht mehr praktiziert. Und doch ist das etwas, das man immer wieder neu beginnen kann. Niemand ist zu alt, um das wieder zu lernen, damit zu beginnen und zu praktizieren.
Ja, wir sind eingeladen und werden ermutigt, Gott täglich für seine guten Gaben zu danken, die er uns schenkt und an denen wir uns erfreuen, die uns leben lassen. Nicht nur einmal im Jahr - am Erntedankfest - das „Jahressoll“ auf einen Schlag erfüllen, sondern allezeit, wie es im Hebräerbriefheißt.
Jeder Tag kann und soll ein „Danktag“ sein. Und dabei sind es ja nicht nur die Früchte und „Lebensmittel“, die Grund zum Danken und Loben sind. Es sind so viele Dinge in unserem Alltag, die wir wie selbstverständlich hinnehmen, und die es doch längst nicht sind. Ich bin z.B. sehr stark kurzsichtig – und darum dankbar, dass es Augenärzte und Optiker gibt. Ich bin dankbar für meine Brille, die meine Sehschwäche ausgleicht. Ohne sie wäre ich im Alltag ziemlich hilflos und könnte z.B. nicht Autofahren. Wenn wir uns nur einmal die Mühe machen und nachdenken, dann fallen uns viele Dinge ein, für die wir dankbar sein können – vor allem auch Gott gegenüber.
Der Psalmbeter des 103. Psalms bringt das noch einmal auf den Punkt, wenn er sagt: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat: der dir alle deine Sünde vergibt und heilt alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit.“ – Was wäre unser Leben ohne diese Barmherzigkeit Gottes? Was wäre unser Leben ohne seine Gnade? Ein Nichts! Verlorenes Leben! Gottes Gnade und Barmherzigkeit, die er uns durch Jesus Christus – unseren Herrn und Heiland – zeigt und schenkt. Durch Jesus Christus sind wir frei, sind wir Erlöste, sind wir Kinder Gottes. Wenn das kein Grund zum Loben und Danken ist!!! So lasst uns nun durch ihn – durch Jesus Christus, durch unsere Verbundenheit mit ihm im Glauben - Gott allezeit das Lobopfer darbringen.
Zum „Lobopfer“ gehört aber doch auch, dass wir seinen Namen bekennen. D.h. dass wir uns zu ihm bekennen – nicht nur am Sonntag im Gottesdienst oder in der Woche in den gemeindlichen Gruppen und Kreisen, die wir vielleicht besuchen. Auch in unserem Alltag sollen wir uns zu Gott bekennen und soll es deutlich werden, dass wir seine Kinder sind und ihm die Ehre geben. Als meine Frau und ich vor einiger Zeit mit einer Reisegruppe von Senioren aus unserem Wohnort unterwegs waren und wir auf der Rückreise waren, wurde verschiedenen Personen gedankt – dem Busfahrer für seine umsichtige und gute Fahrweise, der Reiseleiterin für die gute Vorbereitung und Planung der Reise… Es wurde betont, wie schön und erlebnisreich doch die Reise gewesen ist. Das war ja alles richtig und gut, aber mir fehlte noch etwas. So bin ich ans Mikrofon gegangen und habe gesagt, dass wir doch auch allen Grund haben, Gott unserem Herrn, für alles Erleben und für die Bewahrung zu danken… und habe ein Dankgebet gesprochen. Das war mir ein Bedürfnis und einige der Reiseteilnehmer haben sich im Nachhinein bedankt. Das war eine völlig neue Erfahrung für sie, dass jemand im Bus ein Gebet sprach. Das Gebet gehört doch nicht nur in den Gottesdienst oder die Bibel- und Gemeinschaftsstunde, sondern auch in unseren Alltag.
„Seinen Namen bekennen“ - dazu gehört auch ganz einfach, dass wir seinen Namen anrufen, dass wir schlicht und einfach „Beter sind“. Dass wir mit unseren Lippen keinen „schlechten Samen zur Aussaat“ bringen, sondern dass unser Reden zur Ehre Gottes geschieht. – Und zum „Lobopfer“ gehört für mich auch ganz praktisch das Singen zur Ehre Gottes. Manchmal sitze ich im Gottesdienst und bin traurig und frage mich: warum „piepst“ die Gemeinde nur? Warum ist der Gesang so verhalten, so leise und kläglich? Gibt es denn keinen Grund, laut und kräftig zur Ehre Gottes zu singen? Ich finde schon. Vor Jahren las ich einmal auf einem Plakat den Satz: „Wo das Gotteslob verstummt, droht der Glaube zu ersticken.“ Da ist was dran!
Das „Lobopfer des Mundes“ war/ist das Eine. Das Andere ist „Das Tatopfer der Hände!“
„Gutes zu tun und mit anderen zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.“
Ihr Lieben, der Predigttext ist ein Wort an Christen, an glaubende Menschen. Es erinnert daran, dass Christsein nicht nur etwas Inwendiges, sondern auch etwas Auswendiges ist. Es will sich „äußern“. Nach außen „wenden“ – hinwenden. Hier: im „Gutes tun und mit anderen zu teilen.“
Das ist meist solange in Ordnung, solange wir das Gute erfahren und den Nutzen vom Teilen anderer haben. Aber im Hebräerbriefgeht es genau ums Gegenteil: Es geht nicht ums „Nehmen“, sondern ums „Geben“, ums Teilen. Und zum guten Schluss wird dann auch noch festgestellt: „solche Opfer gefallen Gott.“
Gott will anscheinend, dass nicht nur über und von der Hilfe geredet, sondern dass sie vielmehr praktiziert wird. Gott will, dass seine Leute den „Lastenausgleich“ praktizieren. Das kann z.B. durch unsere Kollekten, Gaben und Spenden geschehen, die wir am Ende eines Gottesdienstes zusammenlegen oder die wir Hilfsorganisationen zur Verfügung stellen und mit denen Hilfsbedürftige unterstützt werden – so, wie wir es ja auch vom GAW und seinen Hilfsprojekten eben vor der Predigt gehört haben.
„Gutes tun“ – mancher fragt sich vielleicht: was ist denn das? Das Gute, das ist zunächst einmal das, was dem Anderen hilft, was ihn fördert, sein Leben erleichtert und ermöglicht. Das Gute ist das, was den Anderen ermutigt, stärkt, ihm Wegweisung, Kraft und Hoffnung gibt. Und das müssen oft nicht die ganz großen und gewaltigen Dinge sein. - Ich erinnere mich: es war nach einer Beerdigung und ich wollte nach Hause. Da begegnet mir auf dem Friedhof eine Frau. Es war noch nicht lange her, da hatten wir ihren Mann beerdigt. Ich spreche sie an, wir kommen ins Gespräch. Das Gespräch tut ihr gut. Und dann sagt sie: „Wissen Sie, Sie sind heute der erste Mensch, mit dem ich rede.“ – Das sagte sie nicht morgens um 8.30 Uhr, es war bereits nachmittags nach 15 Uhr. Eigentlich eine Kleinigkeit, wenige Minuten Zeit, miteinander reden und damit zeigen: Du bist mir nicht einerlei. Interesse an ihr und ihrem Ergehen zeigen, Worte des Zuspruchs haben und weitergeben. Das hat ihr in diesem Moment gut getan.
Das Gute, das ist natürlich auch das, was einen Menschen zum Glauben führt und was ihm hilft, den Weg des Glaubens getrost und zuversichtlich zu gehen. Das Gute – das ist die liebevolle Zuwendung, die ein Mensch erfährt. So ist die Liebe wohl das höchste Gut – und zwar die Liebe Gottes, die ein Menschenleben von Grund auf erneuert und verändert. Die Liebe Gottes, die uns durch Jesus Christus geschenkt wird und die dem Leben einen tiefen Sinn gibt, die das Leben kostbar und lebenswert macht. Und so soll sich in unserem Tun etwas von der großen Liebe Gottes widerspiegeln. Diese Liebe soll geradezu in unser Tun hineinverwoben sein – wie ein Faden in einem Stück Stoff. Darum erinnere ich noch einmal an das Doppelgebot der Liebe: „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt – und deinen Nächsten wie dich selbst. – Das Lieben geht in zwei Richtungen: nach oben und nach der Seite. Zu Gott hin und zum Nächsten.
„Gutes zu tun und mit anderen zu teilen“ – das sieht für jeden von uns anders aus. Das „Gute“ sieht für die Menschen im Erdbebengebiet in Marokko z.B. anders aus als für die Menschen im Überschwemmungsgebiet in Griechenland, für die vielen Krisen- und Kriegsgebiete unserer Zeit oder für uns hier in der Pfalz. Und darum ist es auch nicht angebracht, an dieser Stelle Patentrezepte zu verteilen und zu sagen: „genauso sieht das für jeden von uns jetzt aus – Gutes tun!“ Andeutungen, wie es aussehen könnte, habe ich ja gemacht.
Wenn das „Amen“ am Ende der Predigt gesprochen ist, ist die Predigt ja damit längst noch nicht zu Ende. Wir vergessen das oft, jede Predigt stellt auch „Hausaufgaben“. Die Predigt geht weiter – in uns und mit uns. Und darum ist jeder Hörer gefordert, sich zu fragen: „Was bedeutet das eigentlich für mich und mein Leben, was ich heute gehört habe? Wie ist das in meinem Leben und Alltag umzusetzen?“ Darum muss einfach die Frage mit uns gehen: Wem kann ich Gutes tun? Wem kann ich helfen – auch mit meinen Händen, was kann ich teilen, ausgeben – nicht nur an Geld, sondern auch an Zeit, Kraft, an Ermutigung, an Liebe?
Möglichkeiten zum Guten tun und teilen gibt es jedenfalls mehr als genug!!! Bedenken wir: als Christen sind nicht die „Endverbraucher“ der Liebe Gottes! Sie soll auch zu denen „hinfließen“, die sie bisher noch nicht erfahren und doch so dringend nötig haben.
Nun gibt es ja Menschen, die fragen gleich und zuerst bei allem: „und was hab ich davon?“ – Wer immer oder oft so fragt, der hat Entscheidendes noch nicht begriffen. Es ist das Erkennen und Wissen: Ich bin zuallererst einmal ein Beschenkter! – Ich verdanke mich und mein Leben nicht mir selbst – und dass es mir so gut geht, nicht meinem Geschick und Können, meiner harten Arbeit, sondern dass ich lebe, das verdanke ich einzig und allein dem lebendigen Gott.
Und darum versteht der Schreiber des Hebräerbriefs das Lobopfer des Mundes und das Tatopfer der Hände auch nicht als eine fromme Pflicht, als etwas Erzwungenes, kein frommes Muss, sondern: es ist eine dankbare Antwort auf die erfahrene Liebe Gottes.
Ihr Lieben, wer aufmerksam zugehört hat, der könnte jetzt u.U. sagen: der Pfarrer hat so viel von Opfer, vom Teilen und von unserem Tun gesprochen, als ob es nur um uns ginge.
Wenn man irgendwo ein Haus anschaut, dann sieht man in der Regel auch nur das, was oberhalb des Bodens zum Vorschein kommt. Was nicht sichtbar und doch unverzichtbar ist: das ist das Fundament, auf dem das Haus steht. Darum will ich zumindest den Hinweis auf das „Fundament“ des „Predigthauses“ geben.
Im Text stehen zwei ganz unscheinbare und leicht zu überlesende Worte: durch ihn. Sie weisen uns auf Jesus Christus und noch ein anderes Opfer hin. Sie erinnern uns an Jesus und das, was er für uns getan hat. Sie erinnern uns an das Lebensopfer Jesu! Davon ist vor dem heutigen Predigtabschnitt und im ganzen Hebräerbrief die Rede. Da ist von Jesus Christus als dem wahren Hohenpriester die Rede. Davon, dass er der Mittler des neuen Bundes zwischen dem lebendigen Gott und uns ist, dass er für uns gelitten hat. Davon, dass Christus der Anfänger und Vollender des Glaubens ist, auf den wir schauen sollen. Und dass er gestern und heute und in Ewigkeit derselbe ist. Und auch das sollen wir wissen: Gottes Handeln – zuerst in der Geschichte seines Volkes Israel – und dann auch durch Jesus Christus geht all unserem Handeln längst voraus. – Und nur weil er mit uns geteilt hat, können auch wir teilen. Er macht uns fähig, Gutes zu tun und damit seine Liebe offenbar werden zu lassen in einer Welt, die nichts nötiger hat als das Erbarmen und die Liebe Gottes. Weil sie nur daran heil werden kann.
„Lasst uns nun durch Jesus Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Gutes zu tun und mit anderen zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.“
Ihr Lieben, der Text schließt mit den Worten: „Solche Opfer gefallen Gott“. Was tun wir nicht alles, um anderen Menschen zu gefallen?! Wir machen ihnen Geschenke, wir sagen ihnen das, was sie vielleicht gerne hören wollen. Wir machen ihnen Komplimente. Wir kleiden uns entsprechend. Wer würde z.B. schon in schmutziger Arbeitskleidung zu seinem Chef gehen, wenn er etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen hat. Und keiner würde ihn mit einem Handschlag begrüßen, wenn er sich nicht vorher die Hände ordentlich gewaschen hat. Oder der Sportler, der zum ersten Mal seinem neuen Trainer begegnet. Der wird doch nicht in irgendeiner Ecke faul rumliegen, sondern der wird sich anstrengen und versuchen zu zeigen, was er alles kann. Man zeigt sich von seiner besten Seite und will gefallen.
Wie sieht es aus, wenn es um den lebendigen Gott geht? Fragen wir uns denn, was ihm wohl gefällt? Es ist nicht der Blumenstrauß oder das Päckchen Pralinen. Und es ist auch nicht die Anzahl der besuchten Gottesdienste und Bibelstunden, mit denen wir vor ihm glänzen können. Der Text erinnert uns daran: „So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Gutes zu tun und mit anderen zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.“
Wir sind eingeladen, zum Lobopfer des Mundes und zum Tatopfer der Hände – solche Opfer gefallen dem lebendigen Gott. - Was wir nicht einüben und praktizieren, das kann uns nicht verändern und auch im Glauben nicht weiter bringen! Es lohnt sich allemal, eine Haltung der Dankbarkeit einzuüben und zu praktizieren. Grund dazu haben wir alle.
Amen.