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- Dialogpredigt von Simona Prosic Filip und Martina Horak-Werz
Dialogpredigt von Pfarrerin Simona Prosic Filip und Pfarrerin Martina Horak-Werz
in Haßloch am 17. September 2023
Dialogpredigt von Simona Prosic Filip und Martina Horak-Werz
am 15. Sonntag nach Trinitatis in Haßloch/Pfalz
Liebe Gemeinde,
Kennen Sie auch solche Sprüche wie: mit lauter Frauen zusammenarbeiten zu müssen, ist schrecklich?
Ich ärgere mich immer darüber, wenn ich so etwas höre.
Liebe Simona,
Ist das bei euch in Slowenien auch so?
Bekommst du solche Sprüche auch immer wieder zu hören?
Liebe Martina, liebe Brüder und Schwestern!
Auch wenn ich in einem anderen Land lebe, in dem die Menschen eine andere Mentalität haben als bei Ihnen, in dem die Möglichkeiten des Zusammenlebens anders sind als bei Ihnen, ist dieser Spruch immer noch genau der gleiche. In Slowenien, vor allem auf dem Land, wo ich wohne, kommt es sehr oft vor, dass – wenn eine Gruppe von drei oder mehr Frauen miteinander sprechen und ein Mann das sieht, dass er schon von weitem ruft: „Es wird wieder regnen!“ Im übertragenen Sinne bedeutet es, dass etwas Schlechtes in der Luft liegt. „OK“, denke ich mir, das war unbedacht und spontan gesagt. Aber immer häufiger ist es eine Frau, die genau so reagiert, wie Männer. Dann tut mir auch das Herz weh und ich denke: „Na ja - sind wir Frauen wirklich die Trägerinnen des Schlechten?“
Ich frage mich ja auch, woher es kommt, dass sogar Frauen oft selber der Meinung sind, dass man mit Frauen nicht zusammenarbeiten kann.
Ich kann das nicht bestätigen, denn ich habe schon sehr viele gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Frauen gesammelt.
Und ich freue mich auch sehr, dass wir beide heute hier zusammen den Gottesdienst gestalten.
Zusammen mit all den anderen Frauen, die bei der Vorbereitung geholfen haben und die heute mitwirken.
Ich schließe mich dem Gesagten sofort an!
Seit 2007 bin ich in unserer evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses der Republik Slowenien für die Frauenarbeit zuständig. Ich muss zugeben, dass ich anfangs wirklich Angst hatte, wie ich die Herausforderung meistern würde. Vielleicht wegen der Dinge, die ich erwähnt habe. Nun, seit dem ersten offiziellen Treffen mit ihnen, als sie mich mit spontanem Applaus begrüßten, als ich den Saal betrat, ist meine Angst verschwunden. Ich habe in diesen 16 Jahren eine wirklich gute Erfahrung in der Arbeit mit Frauen gemacht, und mit ihnen und bei ihnen lade ich immer wieder „meine Batterien auf“. Ich habe auch sehr, sehr gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Frauen aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland, dem ehemaligen Jugoslawien, der Slowakei und Österreich. Ich bin Gott für jede einzelne von ihnen echt dankbar, denn jede von ihnen bereichert mein Leben auf ihre eigene Weise. Deshalb bin ich umso trauriger, wenn ich das Gegenteil erlebe, wenn ich eine negative Erfahrung mache.
Das geht mir genauso. Unsolidarisches Verhalten von Frauen tut mir immer sehr weh.
Irgendwie hatte ich früher den Anspruch, dass wir doch alle Schwestern wären und uns gegenseitig immer unterstützen und stärken müssten. Um dann in dieser männerdominierten Welt geschlossen auftreten und gemeinsam für unsere Rechte kämpfen zu können. Die Solidarität unter Frauen lässt bei vielen Gelegenheiten aber oft noch zu wünschen übrig. Solidarität, wie sie im Lexikon beschrieben wird, als Zusammengehörigkeitsgefühl und die wechselseitige Verbundenheit der Mitglieder einer Gruppe.
Vielleicht hatte ich ja auch einfach nur eine völlig falsche Vorstellung davon, wie Schwestern miteinander umgehen. Ich habe nämlich keine.
Liebe Simona, hast du eine Schwester?
Liebe Martina, leider habe ich auch keine Schwester. Ich habe einen 21 Monate jüngeren Bruder, aber ich denke, es ist eine andere Beziehung als zwischen zwei Schwestern. Dennoch, wenn ich ganz ehrlich bin, gab und gibt es ab und zu eine Rivalität zwischen uns. Als wir klein waren, „maßen“ wir uns gegenseitig daran, wer von uns unseren Eltern besser gefiel (obwohl sie uns beide gleich gern hatten), wer die besseren Noten hatte, wer mehr Freunde hatte.
Aber die Lösung dieser „Probleme“ war sehr einfach. Mein Bruder hatte nicht die Geduld, Dinge zu forcieren, ich mochte von klein auf keine angespannten Situationen, und unsere Eltern wussten immer rechtzeitig und vor allem entschlossen zu reagieren. Auch für mich ist es eine interessante Frage, wie es wäre, wenn ich eine Schwester hätte.
Vermutlich ist Rivalität auch zwischen Schwestern etwas völlig Normales. Es kommt nur darauf an, wie damit umgegangen wird.
Die märchenhaft anmutende Geschichte der beiden Urmütter des Volkes Israel, Rahel und Lea, ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie zwei Schwestern erst sehr heftig miteinander konkurrieren, um dann nach vielen Jahren zu merken, dass sie viel mehr erreichen können, wenn sie gemeinsame Sache machen und an einem Strang ziehen.
Es wird dabei aber auch deutlich, wie schwer es ist mit der Solidarität. Vor allem dann, wenn die Rivalität durch Strukturen hervorgerufen wird, für die die Betroffenen nicht verantwortlich sind und an denen sie zunächst auch nichts ändern können. Denn freiwillig hätte sicher keine von beiden es so gewählt.
Um die Situation der Schwestern Rahel und Lea besser zu verstehen, sollten wir uns kurz mit der Lebensweise der damaligen Menschen befassen. Laban hatte zwei Töchter. Die ältere hieß Lea und war angeblich hässlich, die jüngere hieß Rahel und war schön. In wen sollte sich ja Jacob eigentlich verlieben? Die damaligen Grundsätze sahen jedoch vor, dass Lea als Ältere vor Rahel verheiratet werden sollte. Der gerissene Laban betrügt Jakob also und schleust Lea nach sieben Jahren Dienst als seine Braut in sein Zelt. Und wenn er seine geliebte Rahel haben will, muss er ihr noch 7 Jahre lang dienen. Nach einem siebentägigen Ehefest mit Lea folgte ein ebenso langes Ehefest mit Rahel. Es ist mehr als klar, dass Jakob und Rahel sich während ihres Ehefests noch mehr ineinander verliebt haben und dass Lea seitdem vernachlässigt wurde. Was für ein Szenario, nicht wahr? Und das Ergebnis: Alle drei sind eigentlich enttäuscht, und zwar wegen der vierten Person. Die Grundlage für ein friedliches und glückliches Leben wird durch Eifersucht und Rivalität erschüttert. Schrecklich, nicht wahr, Martina?
Allerdings. Und auch so tragisch. Lea sehnt sich wohl sehr nach der Liebe ihres Mannes. Sie bekommt einen Sohn nach dem anderen - und Söhne waren ja wichtig damals. Und trotzdem liebt Jakob ihre Schwester mehr als sie. Rahel wiederum leidet sehr unter ihrer Kinderlosigkeit. Glücklich sind sie beide nicht. Jakob aber vermutlich genauso wenig. Denn er schuftet für seinen Schwiegervater und wird immer wieder von ihm um den ihm zustehenden Lohn betrogen.
Diese schlimme Situation für alle Beteiligten lässt sich erst ändern, als die beiden Schwestern lernen, ihre Rivalitäten zu überwinden und gemeinsam zu kämpfen. In der Auflehnung gegen den Vater, der sowohl ihren Mann als auch sie ausgebeutet und um ihren Anteil betrogen hat, finden sie auf einmal zusammen. Sie merken, dass sie zusammen viel größere Chancen haben sich durchzusetzen und für ihre Gemeinschaft das Beste herauszuholen. Seit dem Auszug aus dem Vaterhaus sprechen die beiden Frauen plötzlich von sich in Wir-Form.
Das heißt aber für mich, dass wir Frauen lernen müssen, dass wir gemeinsam viel mehr erreichen können. Wir dürfen uns nicht mehr auseinander dividieren lassen, indem wir miteinander in Konkurrenz treten, um Männern zu imponieren. Weil wir die Werte einer männlichen Gesellschaft verinnerlicht haben, rivalisieren wir immer wieder miteinander und stützen so die Ungerechtigkeit.
Es ist wahr! Das ist bei uns in Slowenien noch deutlicher als hier in Deutschland. Als Nation sind wir wahrscheinlich immer noch eher „traditionell“ und daher eher fundamentalistisch. Zum Beispiel ist es für eine Frau immer noch sehr viel schwieriger, ein wichtiges Amt in unserem Land zu bekleiden, vor allem, wenn sie dafür gewählt wird. Nach jahrelangen Bemühungen haben wir nun endlich eine erste weibliche Präsidentin des Landes und auch eine erste weibliche Präsidentin der Nationalversammlung. Früher haben die Kandidatinnen, so fähig und gut sie auch waren, immer sehr schlechte Ergebnisse erzielt. Und was ist das Interessanteste daran? Meinungsumfragen haben gezeigt, dass die Frauen die wenigsten Stimmen gegeben haben. Nun, obwohl das Eis gebrochen ist, sehen sich die beiden Präsidentinnen jedoch wieder mit einem anderen Problem konfrontiert - Kritik und Schläge verschiedener Art, die die männlichen Vertreter nicht in gleichem Maße erhalten hätten. Sie sind sehr viel anfälliger für Beobachtung und Fehlersuche, und, ob Sie es glauben oder nicht, auch hier sind es die Frauen, die mehr dahinter stecken als die Männer. Und was mich am meisten betrübt, ist die Tatsache, dass all dies bis zu einem gewissen Grad auch im kirchlichen Bereich, auch in unserer Kirche, zu beobachten ist. Wir können wir Frauen aber solidarischer miteinander werden?
Dazu ist notwendig, dass wir die vorhandenen Traditionen und Strukturen immer wieder kritisch infrage stellen und auch dazu bereit sind, etwas Neues zu wagen. Das kann schon manchmal schmerzhaft sein, wenn wir gewohnte Pfade verlassen und etwas ausprobieren, was ungewohnt ist.
Es heißt auch an uns selbst zu arbeiten, damit wir lernen zu akzeptieren, dass unterschiedliche Frauen unterschiedliche Wege gehen können und das auch völlig in Ordnung ist.
Rahel und Lea sind beide starke Frauen und gehen beide ihren eigenen Weg. Sie erleben die Fülle des Lebens auf unterschiedliche Weise. Die eine erlebt sie durch die Liebe ihres Mannes, die andere durch ihre Kinder.
Wir haben heute noch ganz andere Möglichkeiten ein erfülltes Leben zu erfahren, die eine im Beruf, die andere durch ein wichtiges ehrenamtliches Engagement, ohne das unsere Gesellschaft sehr arm wäre.
Wenn wir jede auf unsere Art Erfüllung erleben, dann muss es gar nicht mehr zum Schwesternstreit kommen. Dann können wir zusammen für eine bessere Welt kämpfen, in der alle ihr Auskommen haben und leben können. Es gibt noch so viel zu tun - packen wir es an! Gemeinsam sind wir stark!
Möge Gott uns dabei segnen, denn, wie es Paulus im Römerbrief so schön sagt: »Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein!« (Römer 8,31). Amen.