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- in der Neustadter Stiftskirche am 17. September 2023
- Predigt des GAW-Präsidenten Prälat i.R. Dr. Martin Dutzmann
- Predigt von Pfarrer Enno Haaks, Generalsekretär des GAW
- Predigt von Pfarrer Prof. Dr. Martin Mautner
- Predigt von Pfarrer i.R. Friedhelm Hans
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- Predigt von Pfarrer i.R. Jürgen Barth aus Wettenberg/Hessen
- Dialogpredigt von Simona Prosic Filip und Martina Horak-Werz
Predigt von Pfarrer Enno Haaks, Generalsekretär des GAW
in Weidenthal am 17. September
Predigt am 15. Sonntag nach Trinitatis (17. September 2023) über 1. Mose 15, 1-6
Nach diesen Geschichten begab sich’s, dass zu Abram das Wort des HERRN kam in einer Erscheinung: Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.
2 Abram sprach aber: HERR, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder und mein Knecht Eliëser von Damaskus wird mein Haus besitzen.
3 Und Abram sprach: Mir hast du keine Nachkommen gegeben; und siehe, einer aus meinem Haus wird mein Erbe sein.
4 Und siehe, der HERR sprach zu ihm: Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leibe kommen wird, der soll dein Erbe sein.
5 Und er hieß ihn hinausgehen und sprach: Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein!
6 Abram glaubte dem HERRN, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.
Sieh gen Himmel und zähle die Sterne!
Liebe Gemeinde!
Das ist eine wunderbare Aufforderung an Abraham, um von all den Zweifeln, die er hat, abzusehen und auf die Fülle zu schauen, die er in dem dunklen Nachthimmel sehen kann.
Wer einmal an Orten war, wo der Sternenhimmel zu seiner Fülle kommt, der weiß wie unendlich großartig das Sternenmeer ist – unzählbar sind die Sterne. Und unfassbar erscheint die Verheißung Gottes: So zahlreich wirst du sein!
Ich kann mich gut an meine Kinderbibel von Anne de Vries erinnern. Ich mochte gerade die Abrahamsgeschichten – und diese war noch mit einer Illustration versehen. Daran muss ich denken und an diesen verrückten Gedanken: ein alter Mann, der seine Heimat verließ, kinderlos blieb mit deiner Frau, der soll unfassbar viele Nachkommen haben. Der soll Zukunft haben!
Was ist doch Gott großartig!
Gott steht zu diesem alten Mann mit seinen Schwächen und Stärken – er steht zu Abraham.
Das Erste, was Gott dem Abraham in unserer heutigen Erzählung sagt: „Fürchte dich nicht!“ Und er verstärkt dies noch: „Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.“
Abraham braucht das!
Wir brauchen das in Zeiten wie diesen, in denen Menschen um Zukunft fürchten. Wie soll es weitergehen? Was habe ich noch für Perspektiven? Habe ich sie noch? Oder geht alles den Bach runter?
Dieses Gefühl, keine Zukunft zu haben, das kennen viele evangelische Kirchen weltweit. Besonders die, in Krisen- und Kriegsregionen. In der Ukraine ist unsere Reformierte Partnerkirche in 1 ½ Jahren Krieg um 10.000 Mitglieder auf nun 55.000 geschrumpft. Ein schlimmer Aderlass. Wird man jemals wieder wachsen? Oder in Syrien – es gab vor dem Krieg 2011 mal ca. 12% Christen im Land. Realistisch sind es noch 1-1,5 %. Und die Evangelischen – sie hat es genauso massiv betroffen. Das hier die Zukunft bedroht ist, das liegt auf der Hand. Wie bei Abraham – der alte Mann sieht keine Zukunft.
Menschen wie diese in der Ukraine und Syrien, die brauchen dringend den Zuspruch, den Abraham erfährt: Fürchte dich nicht! Auch wenn es viel zum Fürchten gibt! Vertraue darauf, dass Gott dein Schutzherr im Leben und im Sterben ist. Dein Leben lohnt sich – trotz allem – ohne zu wissen, wie es ausgeht! Gott wird dich immer begleiten; er ist eine Hilfe; denn die Beziehung Gottes zu dir ist stabil!
Beschämend für mich ist es immer wieder, wenn gerade diese Menschen sagen: Wenn mir jetzt noch der Glaube abhandenkäme, was bliebe mir dann.
Der Glaube ist der Einspruch gegen all das, was sichtbar dagegen spricht.
Vielleicht ist das der für uns wichtige Zuspruch: Wenn du nur das siehst, was du vermeintlich real siehst, dann kannst du nur verzweifeln. Glaube ist mehr!
Glaube ist nicht das angestrengte Für-wahr-halten einer nach den Regeln der Vernunft unvernünftigen und unglaubwürdigen Botschaft. Glaube entsteht dort, wo der lebendige Gott nahekommt, in Kontakt ist, in Beziehung geht und hinweist darauf, den Kopf zu heben in den Sternenhimmel zu weisen, dass wir alle Kinder des Himmels sind – ganz geerdet, aber aus der Verheißung lebend: Fürchte dich nicht! Ich bin dein Schild!
Nicht leicht! Aber wer hat gesagt, dass es so ist.
Abraham hatte es auch nicht leicht. Im Text klingt nichts von Dankbarkeit zunächst bei ihm. Eher klagt Abraham. Seine Frage an Gott bringt seine Mutlosigkeit zum Ausdruck: „Herr, was willst du von mir?“ Und dann platzt Abraham mit all seiner Anfrage an den Sinn seines Lebens heraus, an die früheren Versprechungen Gottes, an die Sinnlosigkeit des Daseins bei Kinderlosigkeit und an die Notlösung in der Frage der Nachkommenschaft: „ich gehe dahin ohne Kinder!“ Und Abraham steigert noch seine Klage und Enttäuschung mit dem Vorwurf gegen Gott: „Mir hast du keine Nachkommenschaft gegeben!“
Was für eine Zukunft habe ich? Fragt er. Die Zukunft hängt mit den Nachkommen zusammen. Sie sind damals Lebensversicherung. Ausdruck von Sinn und Zukunft.
Nach einem weiteren Einwand führt Gott geduldig Abraham hinaus. Er fordert ihn auf, sich zu bewegen, nach draußen zu gehen, einen anderen Blickwinkel einzunehmen, nicht bei seinem Standpunkt stehen zu bleiben. Abraham soll draußen nach oben schauen und die Sterne zählen. So zahlreich sollen seine Nachkommen sein; also unzählbar viele! Was für eine sagenhafte Verheißung! Unglaublich! Ein Widerspruch zur Wirklichkeit. Aber ein Perspektivwechsel!
Es ist gut, die eigene manchmal trübe Situation von einer anderen Perspektive anzuschauen. Der neue Blick hilft.
Im Bild ist von einer großen Zahl die Rede. Wir machen die gegensätzliche Erfahrung in Kirche – wir werden weniger. Und das trübt den Blick. Vielleicht hängt unser Bild der Zukunft oft an dem, was mal scheinbar besser war. Es trübt ihn auf die Wirklichkeit mit einem Blick der Zuversicht und Hoffnung zu schauen.
Egal wie die eigene Realität ist: Es macht Sinn zu leben! Gott weiß es, wie es um mich steht. Ich vertraue ihm! Ich weiß, dass es ihn gibt.
Ein Kind – so las ich vor Kurzem in der Mediation zur täglichen Bibellese – unterhielt sich mit einem anderen Kind über den Glauben. Ich glaube nicht – sagte die eine – denn ich sehe Gott nicht. Du kannst ihn nicht sehen, weil du nicht glaubst. Antwortet die andere.
Das ist es!
Der Glaube schult das Sehen auf die eigene Wirklichkeit, auf die Wirklichkeit der Welt – und vertraut auf Gott und rechnet mit dem Guten! Gott und gut gehört zusammen!
Abraham vertraut den Worten, ohne dass für ihn etwas abgesichert war. Und deshalb erfolgt die abschließende Wertung: „So wirst du vor Gott gerecht dastehen.“
In diesem Sinne wird Abraham der Vater des Glaubens – wie es Paulus später schreibt. Und er wird für uns Christen zum Vorbild des Vertrauens, dass wir uns in kritischen Situationen auf Gott verlassen können, ein richtiges Verhalten vor Gott einnehmen können. So wie es im Evangelium für den heutigen Sonntag heißt: „Sorgt nicht um euer Leben …“ (Matthäus 6, 25-34)
Ich hoffe, dass wir bei all unseren verständlichen Sorgen und Klagen über die gegenwärtigen Verhältnisse jemanden an unserer Seite haben und von Christus wissen, der uns den Kopf wendet aus der starren Blickrichtung und uns auf die große Vielfalt der Schöpfung Gottes hinweist. Diese Schöpfung umfasst mehr als die Klimaveränderung, das Kriegsgeschehen und uns Geschöpfe. „Sieh gen Himmel und zähle die Sterne!“ Amen.