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- 222 Gustav-Adolf-Kirchen in der Pfalz
- Nachlese 175. Jahre Gustav-Adolf-Werk Pfalz
- in der Neustadter Stiftskirche am 17. September 2023
- Predigt des GAW-Präsidenten Prälat i.R. Dr. Martin Dutzmann
- Predigt von Pfarrer Enno Haaks, Generalsekretär des GAW
- Predigt von Pfarrer Prof. Dr. Martin Mautner
- Predigt von Pfarrer i.R. Friedhelm Hans
- Predigt von Pfarrer Dietrich Schneider aus Oldenburg
- Predigt von Pfarrer i.R. Jürgen Barth aus Wettenberg/Hessen
- Dialogpredigt von Simona Prosic Filip und Martina Horak-Werz
Predigt von Pfarrer i.R. Friedhelm Hans
in Maikammer am 17. September 2023
Predigt über Matthäus 6, 25-34 - Familiengottesdienst
Jesus Christus spricht: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?
Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?
Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?
Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht.
Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.
Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?
Liebe Gemeinde,
zuerst herzlichen Dank, dass Sie mich eingeladen haben, um heute bei Ihnen zu predigen. Wir feiern gemeinsam den 175. Geburtstag des pfälzischen GAW. Gäste aus dem In- und Ausland sind angereist. Das GAW hält in Neustadt seine Bundestagung ab. Gemeinsam gilt: Lasst uns Gutes tun! Helfen wir, armen Gemeinden auf der ganzen Welt, ihre Kirchen zu erhalten oder aufzubauen. Das GAW ist ein Aufbauwerk für Gemeinden und für alle, die dazugehören.
Noch in der ersten Hälfte der 175 Jahre half das GAW Maikammer. Die Zahl der Protestanten wuchs. Sie mussten vor dem Kirchbau zu Fuß zum Gottesdienst und Konfirmandenunterricht nach Edenkoben oder Neustadt gehen. Mit vereinten Kräften aller Pfälzer Protestanten entstand dieses architektonisch gelungene und moderne Gotteshaus. Nicht umsonst grüßt König Gustav Adolf von Schweden aus einem der Kirchenfenster. Er gilt als Retter des Protestantismus.
Die Johanniskirche ist eine von 222 Gustav-Adolf-Kirchen in der Pfalz; sie gehört zu den schönsten. Sie, liebe Gemeindeglieder, haben dieses Juwel von Kirche bei sich in der Nähe. Sie wuchern mit diesem Schatz. Sie bieten viel. Was ich mit am meisten loben muss: Sie halten hier mit Hingabe Gottesdienste für Kinder.
Die Vögel auf dem Felde im Evangelium erinnern an das Kinderspiel "Alle Vögel fliegen ... hoch!" Im Kindergarten gehörte das Spiel zu den beliebtesten. Der Kindergarten in meinem Heimatdorf war pädagogisch rückständig. Am schlimmsten war das Kopfauflegen. Stundenlang mussten wir mucksmäuschenstill am Tisch sitzen. Danach spielten wir mit alten Brettern vom Schreiner; die neuen bunten Bauklötze durften wir nur benutzen, wenn jemand vom Gemeinderat vorbeikam.
Etwas schöner war es, wenn Tante Käthe, wie die Erzieherin hieß, das Akkordeon spielte. Sie hatte zwei Notenbücher. Das moderne trug den Titel: "Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann". Das andere war das Kommersbuch mit den Studentenliedern. Ich kannte viele Studentenlieder längst vor dem Studium; ich musste sie nicht mehr lernen. Als Kind verstand ich nicht alles. Beim Lied "Stiefel muss sterben" fragte ich mich: Wie kann ein Stiefel sterben? Erst als ich im Studium von Johann Stiefel hörte, einem Professor, der in Wittenberg aus den Zahlen der Bibel den Weltuntergang errechnet hat, begriff ich den Studentenulk. Die Studenten zogen mit ihrem Gesang vor Stiefels Haus und veräppelten den Herrn Professor mit einer Katzenmusik: "Stiefel muss sterben, ist noch so jung, … Wenn das der Absatz wüsst'."
"Alle Vögel fliegen ... hoch!" Das Spiel hat uns Kleine aus der Erstarrung befreit. Da flogen die Arme bei Amsel, Drossel, Fink und Star, auch beim Maikäfer; fatalerweise auch beim Tisch oder Kochtopf mit Deckel, alles mit viel Gelächter. Endlich Bewegung und Freiheit!
Wer liebt nicht die Freiheit? Es ist genau die Freiheit, die Jesus predigt. Jesus leitet die Freiheit aus Gottes schöner Welt ab. Selbst kleine Tiere wie die Vögel auf dem Feld oder unscheinbare Pflanzen wie die Lilien sind für Jesus ein großes Gleichnis. Alle haben ihren Platz im Gefüge der Schöpfung Gottes.
Die Bedeutung kleiner Tiere leuchtet uns am besten ein, wenn wir an die Bienen denken. Ohne Bienen gibt es keinen Honig. Ohne Insekten stehen wir vor dem Welthunger. Wobei ich sagen möchte, dass es mich schüttelt, wenn ich heute Krabbeltiere wie Heuschrecken, Grillen, Mehl- und Buffalowürmer essen sollte. Dampfnudeln sind mir lieber.
Um das Essen, die Mode oder Kleidung sollen wir uns keine Sorgen machen, meint Jesus. Natürlich fragen Konfirmanden bei Freizeiten gerne: "Herr Pfarrer, was gibt es heute zu essen?" Die Fragerei nervt irgendwann, bis ich sage: "Heute gibt "eingemachte Kellertreppen". Wenn's Fragen nicht aufhört, sage ich: "Es gibt gehackter Affe". - "Nein, das wollen wir nicht essen!", schallt es zurück. "Doch, im Landauer Zoo ist der Affe gestorben." usw.
In biblischer Zeit war das Essen keine Selbstverständlichkeit. Denken wir nur an die sieben fetten und sieben mageren Jahre in Ägypten. Die Vereinten Nationen wollen den Welthunger bis 2050 ausrotten. Da müssen sie sich anstrengen. Zuerst müsste Herrschern wie in Mali oder Verbrechern wie Putin das Handwerk gelegt werden. Wer Schulen und Krankenhäuser beschießt, verschlimmert den Welthunger. Putin setzt Getreidefrachter höchstens als Propagandamittel ein.
Mit dem Gleichnis nimmt Jesus seinen Zuhörern die Angst und wirbt um das Vertrauen zu Gott: Nicht die Fragen: "Was sollen wir essen und trinken und womit sollen wir uns kleiden" sollen unsere Herzen und Sinne bewegen, sondern das Gottvertrauen. Nicht die Angst soll uns erdrücken, sondern das Evangelium will uns ermutigen und lebenstüchtig machen. Christen nehmen das Leben in die Hand. Wir jammern nicht und trauern nicht ewig, denn wir wissen: Gott liebt diese Welt. Jesus ist gekommen, um unsere Sorgen zu entsorgen.
"Trachtet nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit!" Jesus verkündet großen Sinneswandel: Weg von der Sorge, hin zur Zuversicht. Ja, wir wollen leben. Noch mehr achten wir das Leben anderer. Wir tun das als Protestanten dankbar und voller Freude über Gottes gute Gaben. Wir senken nicht den Kopf vor dem Untergang der Welt. Wir leben nach dem Motto "Lasst uns Gutes tun an jedermann!" Wir können das, weil uns Jesus die größte Sorge, die um den Tod, genommen hat. Mit seinem Sieg am Kreuz hat er uns aus der Klammer des Todes und Niedergangs befreit. Wir gehören zu Gott. Kreuz und Auferstehung nehmen uns selbst die größten Sorgen.
Christus hat uns gerettet. Diese Tatsache setzt bei uns alle Energie frei, dass wir unsererseits anderen die Sorgen erleichtern. Die Hungernden der Welt liegen uns am Herzen oder die Kinder in einer Favela, um deren Ausbildung sich unsere Partner in Brasilien bemühen." Wir helfen befreundeten Gemeinden in Rumänien und Polen, damit sie die Flüchtlinge aus der Ukraine ordentlich versorgen können. Das sind nur zwei Beispiele.
Ich nenne abschließend ein Gegenbeispiel, ein Beispiel von Unfreiheit. In einem christlichen Tagungshaus stand ein Schild auf dem Mittagstisch: "Wir kochen heute kein Fleisch. Damit leisten wir einen Beitrag zur Rettung der Welt." Welch ein Eigenlob, welcher Dünkel! Das Essen wird nach getaner Arbeit zur Gewissensfrage. Hätte auf dem Schild gestanden: "Wir danken und loben Gott, dass wir reichlich zu essen haben", hätte das zum christlichen Tagungshaus gepasst, so wie Lob und Dank zum Erntedank passen. Die moralinsaure Belehrung hat mir den Appetit geraubt. Ich kritisiere die falsche Moral, weil sie ein schlechtes Gewissen einredet (oder das Gewissen einzwängt) und nicht etwa, weil sie Fleisch oder Fisch vom Teller verbannt. Die Moral funktioniert das Essen zum politischen Bekenntnis um. Das nenne ich eine neue Gesetzlichkeit. Dabei gilt es auch in der Kirchenküche, nach der Frohe Botschaft zu leben: Fröhlich sei das Mittagessen!" Jesus hat die Speisegesetze aufgehoben. Wir sollen Freude haben am Leben.
Für den Glauben ist nicht entscheidend, was ich an bestimmten Tagen esse. Viel wichtiger ist, dass ich mein Essen mit den Hungernden teile. Wir beten "Unser täglich Brot gib uns heute" – auch im Gedenken an die Hungernden.
Zum Glück haben wir das gute Weidevieh. Würde das Vieh nicht die Pampa in Argentinien beweiden, hätten wir mit dem Welthunger noch größere Probleme. Menschen können nun mal kein Gras von der Pampa essen.
Voller Stolz schrieben Pfälzer Auswanderer 1870 aus Brasilien in die arme westpfälzische Heimat: "Mer essen jeden Daag Fläsch". Nun, Fleisch muss nicht jeden Tag auf dem Teller liegen. Ich esse wie gesagt gerne Dampfnudeln. Neue Sorgen und neue Speisegesetze sind gewiss nicht im Sinne Jesu.
Jesus bringt uns die frohe Botschaft. Er macht den Kopf frei von der Sorge. Er lehrt uns das Gottvertrauen. Wir tun Gutes, weil wir keine panische Angst um diese Welt haben. Jesus nimmt uns die Sorgen ums Essen und Trinken wie um den Tod. Paulus, der Apostel, predigt die Freiheit. Freiheit ist nach Martin Luther aber gebunden an die Liebe zu Gott und im Glauben gebunden an seinen Sohn Jesus Christus.
Alle Vögel fliegen … hoch! Sie freuen sich ihres Lebens, denn sie sind von Gott geliebt. Wir hier sind bei Gott mehr als die Vögel. Wir dürfen beherzigen: Wir sind von Gott geliebt. Sorgen sind zu entsorgen. Zuversicht zum Leben schenkt uns Gott, und die Liebe kommt von Jesus Christus, unserem Herrn, Bruder und Heiland. Amen.